Begriff und Bedeutung
Rz. 1
Die Einrede des nicht erfüllten Vertrags begründet bei einem gegenseitigen Vertrag ein Recht zur Leistungsverweigerung. Bei einem gegenseitigen Vertrag steht der Leistung eine Gegenleistung gegenüber. Leistung und Gegenleistung stehen in einem Gegenseitigkeitsverhältnis.
Beispiel: Kaufvertrag und Mietvertrag sind gegenseitige Verträge, da der Leistung eine Gegeneistung (Geldleistung) gegenübersteht. Kein gegenseitiger Vertrag ist die Schenkung, da es an der Gegenleistung fehlt (siehe
gegenseitigen Vertrag).
Kann bei einem gegenseitigen Vertrag der eine Teil seine vertragliche Leistungspflicht nicht erfüllen, dann braucht der andere Vertragspartner nicht zu leisten (
§ 320 Abs. 1 BGB@). Er hat ein Leistungsverweigerung, da der Leistungsaustausch nicht möglich ist
Beispiel: Beim täglichen Barzahlungskauf werden Leistung und Gegenleistung sofort fällig. Kann der Käufer an der Kasse die gekaufte Ware nicht bezahlen, hat der Verkäufer das Recht, die verkaufte Sache zurückzubehalten bzw. die Sachübergabe zu verweigern (sog. Einrede des nichterfüllten Vertrags).
Die Einrede des nicht erfüllten Vertrags dient dazu, den anderen Teil zur Erfüllung des mit der Einrede geltend gemachten Anspruchs anzuhalten. Durch die Einrede kann der Gläubiger die vom Schuldner geschuldete Gegenleistung erzwingen. Wegen dieser Funktion der Einrede kann sich auf die Einrede nur derjenige berufen, der seinerseits erfüllungsbereit ist (BGH, 17. Juli 2013 - VIII ZR 163/12, Tz. 17). Für die Berufung auf die Einrede ist ein Erfüllungswille, ein Wille zur Vertragstreue erforderlich. Daher kann derjenige, der deutlich gemacht hat, dass er an dem Vertrag nicht festzuhalten gedenke, die Einrede nicht nutzen (BGH, 4. Juli 2002 – I ZR 313/99, unter II.3). Ihm fehlt die Leistungsbereitschaft (siehe Leistungsbereitschaft,
Rz.7).
Die Einrede des nicht erfüllten Vertrags hat nur derjenige, der nicht zur Vorleistung verpflichtet ist (
§ 320 Abs. 1 BGB@).
Eine Vorleistungspflicht besteht, wenn sie vereinbart oder durch eine gesetzliche Vorschrift geregelt ist. Beim Kaufvertrag oder Tauschvertrag besteht keine gesetzliche Vorleistungspflicht (siehe auch
Vorleistungspflicht).
Beruft sich der Schuldner in einem Prozess auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrags (Leistungsverweigerungsrecht) führt die Einrede nicht zur Abweisung der Klage, sondern zur Verurteilung des Schuldners zur Erfüllung Zug m Zug (
§ 322 BGB@).
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Rz. 2 >>