Marktverhaltensregelungen
Rz. 29
a) Marktverhaltensregelungen sind gesetzliche Regelungen außerhalb des Wettbewerbsrechts (UWG), die aber wettbewerbsrechtlich von Bedeutung sind.
Marktverhaltensregelungen sind Regelungen, die im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten regeln. Marktverhalten ist das Verhalten am Markt
Beispiel: Ein Unternehmer bietet Waren im Laden mit Kaufpreis einschließlich MwSt an. Der Laden ist ausschließlich während den gesetzlichen Ladenöffnungszeiten geöffnet. Im Internet (Webshop) werden Verbraucher vor Abschluss eines Fernabsatzvertrags über das Widerrufsrecht informiert.
Ein Verstoß gegen eine Vorschrift mit Marktverhaltensregelungen kann wettbewerbswidrig sein.
Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen (
§ 3a UWG@). Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig (
§ 3 UWG@). Wer eine nach § 3 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (vgl.
§ 8 Abs. 1 UWG@).
b) Eine Norm regelt das Marktverhalten im Interesse der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer, wenn sie einen Wettbewerbsbezug in der Form aufweist, dass sie die wettbewerblichen Belange der als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommenden Personen schützt (BGH 06. Juni 2019 - I ZR 67/18, Rn. 28).
Beispiel: Eine Vorschrift (die dem Schutz von Rechten, Rechtsgütern oder sonstigen Interessen von Marktteilnehmern dient) ist eine Marktverhaltensregelung, wenn das geschützte Interesse gerade durch die Marktteilnahme, also durch den Abschluss von Austauschverträgen und den nachfolgenden Verbrauch oder Gebrauch der erworbenen Ware oder in Anspruch genommenen Dienstleistung berührt wird. Die Vorschrift muss - zumindest auch - den Schutz der wettbewerblichen Interessen der Marktteilnehmer bezwecken, lediglich reflexartige Auswirkungen zu deren Gunsten genügen daher nicht (BGH aaO, Rn. 28)
c) Die Vorschriften der
§ 312d Abs. 1 BGB@, Art. 246a §§ 1, 3 und 4 EGBGB sind als Marktverhaltensregelungen im Sinne von
§ 3a UWG@ anzusehen. Diese Vorschriften bestimmen, in welcher Weise ein Verbraucher bereits vor Abschluss eines Fernabsatzvertrags über sein Widerrufsrecht zu informieren ist und regeln damit das Auftreten der Unternehmen im Wettbewerb (BGH, 11. April 2019 - I ZR 54/16, Rn. 14, Werbeprospekt mit Bestellpostkarte II).
Marktverhaltensregelungen enthalten auch die gesetzlichen Ladenöffnungszeiten. Den Anbietern wird durch § 3 I 1 Nr. 1 LadschlG die Möglichkeit genommen, am Sonntag uneingeschränkt Ware anzubieten und somit Wettbewerb zu betreiben. Marktverhaltensregelungen enthalten auch die Bestimmungen der Gesetze, die in den einzelnen Ländern die Sonn- und Feiertagsruhe schützen sollen (OLG Hamm, 19.06.2008, 4 U 72/08, unter II.3b mit Verweis auf OLG Düsseldorf, 20 U 36/07). Die Urteile ergingen zu § 4 Nr. 11, jetzt
§ 3a UWG@).
Marktverhaltensregelungen haben auch die Vorschriften der Preisangaben-Verordnung (z.B. Endpreis incl. MwSt). Der Zweck der Preisangabenverordnung besteht darin, es dem Verbraucher zu ermöglichen, seine Preisvorstellungen anhand untereinander vergleichbarer Preise zu gewinnen. Dieses Interesse des Verbrauchers wird durch eine Preiswerbung ohne Mehrwertsteuer spürbar beeinträchtigt (BGH,29.04.2010 - I ZR 99/08, Tz. 26-27; Preiswerbung ohne Mehrwertsteuer).
d) Auch
§ 4 DL-InfoV@ ist eine Marktverhaltensregelung (OLG Stuttgart, 06.12.2012 - 2 U 94/12, unter I.B.1a). Ein Dienstleistungsvertrag (hier: Werbevertrag) ohne Preisangabe ist nach dem OLG Stuttgart unwirksam.
<< Rz. 28 || .. Ende