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Widerrufsrecht (Widerruf)

Widerrufsbelehrung

Rz. 6

a) Die Widerrufsbelehrung ist die Belehrung über das Widerrufsrecht.

Wird dem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht eingeräumt, so ist er an seine auf den Vertragsabschluss gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerrufen hat (§ 355 Abs. 1 BGB@). Nach Ablauf der Frist ist ein Widerruf nicht mehr möglich.

b) Beim Fernabsatzvertrag und bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen sind die Regelungen des § 356 BGB@ zu beachten. Danach hat der Unternehmer den Verbraucher über sein Widerrufsrecht zu belehren und die Widerrufsfrist beginnt erst zu laufen, nachdem der Unternehmer dem Verbraucher die Widerrufsbelehrung und das Muster-Widerrufsdormular in Textform zur Verfügung gestellt hat (BGH,16.11.2020 - I ZR 169/19, Rn. 39).

Für den Beginn der Widerrufsfrist ist eine Widerrufsbelehrung über das Widerrufsrecht erforderlich. Die Widerrufsfrist beginnt nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher entsprechend den Anforderungen des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB@ oder des Artikels 246b § 2 Abs. 1 unterrichtet hat (§ 356 Abs. 3 BGB@). So hat der Unternehmer den Verbraucher über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts zu informieren. Der Unternehmer muss dem Verbraucher die Informationen nach den §§ 1 bis 3 vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung stellen ( Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB@). Die Informationspflichten, die sich aus Art. 246a § 1 EGBGB@ ergeben (z.B. Widerrufsrecht und Vertragsinformationen), hat der Unternehmer dem Verbraucher nach Vertragsschluss auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen, sofern er es nicht schon vor Vertragsschluss gemacht hat (§ 312f Abs. 2 BGB@, sog. Bestätigung der Informationen auf Datenträgern, in Textform). Der Verbraucher soll rechtzeitig während der Erfüllung des Vertrags die Informationen auf einem dauerhaften Datenträger haben, um sie jederzeit originalgetreu nachlesen zu können. Zur richtigen Widerrufsbelehrung gehört auch, dass der Verbraucher über das Muster-Widerrufsformular nach Anlage 2 informiert wird (vgl. Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB@) und der Belehrung hinzugefügt wird (BGH,16.11.2020 - I ZR 169/19, Rn. 35, 48), so dass der Verbraucher den Widerruf nicht selbst formulieren muss.

Beispiel: Bei einem Fernabsatzgeschäft per Telefon kann der Unternehmer vor Vertragsschluss die Informationen in einer dem benutzten Fernkommunikationsmittel (Telefon) angepassten Weise zur Verfügung stellen ( Art. 246a § 4 Abs. 3 EGBGB@), z.B. mündlich oder durch Verweis auf eine Webseite zum Lesen. Nach dem Vertragsschluss muss der Unternehmer die Widerrufsbelehrung mit dem Muster-Widerrufsformular in Textform dem Verbraucher übermitteln (siehe Fernabsatzvertrag).

Wird der Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen nicht richtig in Textform belehrt, dann beginnt die Frist nicht zu laufen. Dies gilt auch, wenn dem Verbraucher die Widerrufsbelehrung ohne Muster-Widerrufsformular übermittelt wird (BGH aaO, Rn. 39). Das Widerrufsrecht erlischt spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem in § 356 Absatz 2 oder § 355 Absatz 2 Satz 2 genannten Zeitpunkt, vgl. § 356 Abs. 3 BGB@ (siehe Widerrufsfrist, Rz.5).

c) Beim Fernabsatzvertrag und bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen hat der Unternehmer dem Verbraucher die Widerrufsbelehrung in Textform zur Verfügung zu stellen. Dies ist der Fall, wenn die Erklärung dem Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger zugänglich ist (vgl. § 126b BGB@), z.B. wenn der Verbraucher die Belehrung per Post oder E-Mail erhält. Die bloße Abrufbarkeit einer Widerrufsbelehrung auf einer gewöhnlichen Webseite des Unternehmers reicht für die formgerechte Mitteilung (Textform) der Widerrufsbelehrung an den Verbraucher nicht aus (vgl. BGH, 15. 5. 2014 – III ZR 368/13, Leitsatz und Tz. 19). Die Darstellung des Textes auf der Webseite ist nur vorübergehen und nicht dauerhaft. Die Webseite ist kein dauerhafter Datenträger.

Zur Wahrung der Textform genügt auch nicht,

  • wenn der Unternehmer dem Verbraucher die Möglichkeit zum Ausdruck oder Abspeichern der Widerrufsbelehrung gibt (BGH aaO, Tz. 26).

  • wenn der Verbraucher durch Setzen eines Häkchens bestätigt, dass er die Widerrufsbelehrung ausgedruckt oder abgespeichert hat (BGH aaO, Leitsatz).

Auch der Link in einer E-Mail auf eine Webseite mit einer Widerrufsbelehrung genügt nicht, da eine Webseite kein dauerhafter Datenträger ist (EuGH, 05.07.2012 - C - 49/11; Leitsatz). Nach dem EuGH soll der Verbraucher persönlich an ihn gerichtete Informationen auf einem dauerhaften Datenträger haben, um die Informationen während der Erfüllung des Vertrags jederzeit originalgetreu nachlesen zu können (EuGH aaO, Rn. 43-46).

Ein dauerhafter Datenträger ist ein Datenträger, der die Gewähr dafür bietet, dass persönliche Inhalte an den Verbraucher und die Zugänglichkeit zu den Inhalten während einer angemessenen Dauer nicht verändert werden (und damit dem Verbraucher die Möglichkeit einer originalgetreuen Wiedergabe der Inhalte eröffnet, so EuGH aaO). Dies könnte der Fall sein, wenn der Unternehmer einen sicheren Speicherbereich für den einzelnen Verbraucher vorsieht, auf welchen nur dieser mittels Eingabe von Benutzernamen und Passwort zugreifen kann, so dass der Unternehmer keine Möglichkeit hat, die dort einmal eingestellten Informationen zu ändern (BGH aaO; Rn. 23). Diese Voraussetzungen lagen im zu entscheidenden Fall nicht vor. Auch im EuGH-Fall lagen dies Voraussetzungen nicht vor. Den Akten ist nicht zu entnehmen, dass es die Website des Verkäufers, auf die der dem Verbraucher mitgeteilte Link verweist, dem Verbraucher ermöglicht, an ihn persönlich gerichtete Informationen so zu speichern, dass er während einer angemessenen Dauer auf sie zugreifen und sie originalgetreu wiedergeben kann, ohne dass die Möglichkeit einer einseitigen Änderung ihres Inhalts durch den Verkäufer bestünde (EuGH aaO, Rn. 43-46).

Um die Informationen während der Erfüllung des Vertrags jederzeit originalgetreu nachlesen zu können, ist erforderlich, dass der Verbraucher die Widerrufsbelehrung per Briefpost oder E-Mail erhält oder auf seinem Computer abspeichert oder selbst ausdruckt.

Zu berücksichtigen ist aber, dass es Aufgabe des Unternehmers ist, dem Verbraucher die Belehrung in Textform zu übermitteln, und nicht Aufgabe des Verbrauchers ist, sich diese Widerrufsbelehrung selbst zu verschaffen (BGH aaO, Rn 19), z.B. durch Ausdrucken der Webseite. Die vom Unternehmer geschaffene Möglichkeit zum Ausdrucken der Belehrung durch den Verbraucher genügt nicht für die Textform.

Bestätigt der Verbraucher durch Setzen eines Häkchens, dass er die Widerrufsbelehrung ausgedruckt oder abgespeichert hat, dann kann er sich trotzdem darauf berufen, dass er die Widerrufsbelehrung nicht in Textform hat, denn der Unternehmer hätte von dem Verbraucher eine solche Erklärung nicht verlangen dürfen. Denn nach dem Gesetz trägt der Unternehmer von AGB die Beweislast, dass der Verbraucher die Widerrufsbelehrung in Textform erhalten hat. Die vom Unternehmer vorformulierte "Bestätigung" habe die Wirkung einer Beweislastumkehr, die gemäß § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB@ unwirksam sei (so BGH 15. 5. 2014 – III ZR 368/13, Tz. 32).

d) Beim Fernabsatzvertrag und bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen hat der Unternehmer den Verbraucher zusätzlich zur Belehrung über den Widerruf auch über das Muster-Widerrufsformular zu informieren (vgl. Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB@) und dem Verbraucher ein Muster-Widerrufsformular zur Verfügung stellen, sonst ist die Widerrufsbelehrung nicht vollständig (vgl. BGH, 26.11.2020 - I ZR 169/19, Rn. 35, 48 mit Verweis auf den Wortlaut der Vorschrift). Bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag über eine Dienstleistung (z.B. Maklertätigkeit) ist die Aushändigung der Widerrufsbelehrung mit Muster-Widerrufsformular erforderlich (BGH aaO, Leitsatz).


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