Kapitalanteil
Rz. 20
a) Der Kapitalanteil ist der Anteil der wirtschaftlichen Beteiligung an der Gesellschaft. Er ist eine Bezugsgröße für bestimmte Zwecke, wie
- das Stimmrecht, sofern so vereinbart (siehe Stimmrecht, Rz.8).
b) Der Kapitalanteil wird aus Gewinn und Verlust, Einlagen und Entnahmen gebildet (Kapitalanteil = Einlage + Gewinn abzüglich Entnahme + Verlust). Der Kapitalanteil besteht aus einer Zahl.
In der Bilanz einer Personengesellschaft stellt der Kapitalanteil das Eigenkapital dar (siehe Jahresabschluss,
Rz.35). Das Eigenkapital einer Personengesellschaft besteht aus der Summe aller Kapitalanteile der Gesellschafter (Summe der Kapitalanteile der Gesellschafter = Eigenkapital der Gesellschaft). In der Bilanz unter Eigenkapital können getrennte Kapitalkonten für jeden Gesellschafter geführt werden (z.B. Kapitalkonto A und Kapitalkonto B). Bei einer Eröffnungsbilanz kann das Eigenkapital 2,00 EUR betragen, da kein Mindestkapital, wie bei einer GmbH oder Aktiengesellschaft, erforderlich ist.
c) Der Kapitalanteil gibt den aktuellen Stand der Einlage eines Gesellschafters wieder. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist der Kapitalanteil variabel. Die Beteiligung eines Gesellschafters kann von Geschäftsjahr zu Geschäftsjahr unterschiedlich sein.
Am Schluss jedes Geschäftsjahrs wird auf Grund der Bilanz der Gewinn oder der Verlust des Jahres ermittelt und für jeden Gesellschafter sein Anteil daran berechnet (
§ 120 Abs. 1 HGB@). Der einem Gesellschafter zukommende Gewinn wird dem Kapitalanteil des Gesellschafters zugeschrieben; der auf einen Gesellschafter entfallende Verlust sowie das während des Geschäftsjahrs auf den Kapitalanteil entnommene Geld wird davon abgeschrieben (
§ 120 Abs. 2 HGB@). Der Kapitalanteil kann negativ werden.
Der Kapitalanteil kann positiv oder negativ sein. Ein Kapitalkonto kann durch übermässige Entnahmen oder Verlustzuweisungen negativ werden. Bei einem negativen Kapitalanteil entfällt die jährliche Verzinsung des eingezahlten Kapitals (vgl.
§ 121 HGB@) und das Entnahmerecht (
§ 122 I HGB@).
Ein negatives Kapitalkonto ist keine Verbindlichkeit des Gesellschafters gegenüber der OHG (Forderung der OHG gegenüber Gesellschafter). Sind durch Entnahmen vom Bankkonto die Verbindlichkeiten höher als die positiven Vermögenswerte, ergibt sich ein Kapitalkonto auf der Aktivseite der Bilanz. Ein negatives Kapitalkonto ist bei einer OHG kein Insolvenzgrund (siehe Insolvenz,
Rz.28)
d) Der Kapitalanteil ist rechtlich eine Zahl für gewisse Zwecke, wie Gewinnentnahme oder Verzinsung. Das Verhältnis der unterschiedlichen Kapitalkonten zueinander ergibt die Beteiligungsquote am Gesellschaftsvermögen.
Beispiel: Gesellschafter A und B Gründen eine OHG. Gesellschafter A hat eine Einlage von 10.000 EUR, Gesellschafter B hat auch eine Einlage von 10.000 EUR. Dies ergibt eine Beteiligungsquote von 50% jedes Gesellschafters. In der Eröffnungsbilanz könnte unter Eigenkapital zwei getrennte Kapitalkonten (Kapitalkonto A und Kapitalkonto B) geführt werden, mit einem gesamten Eigenkapital der OHG von 20.000 EUR.
e) Für den Kapitalanteil wird ein Kapitalkonto geführt. Auf dem Kapitalkonto werden die Geldzugänge und Abgänge gebucht.
Möglich ist, dass die Gesellschafter einen festen Kapitalanteil eines jeden Gesellschafters vereinbaren (vgl.
§ 109 HGB@). Dies erfordert ein festes und variables Kapitalkonto (sog. Zwei-Kapitalkonto-Modell).
Beispiel: Zwei Gesellschafter vereinbaren eine Einlagen iHv. jeweils 5.000 EUR. Die vereinbarten Einlagen werden auf das feste Kapitalkonto eines jeden Gesellschafters eingezahlt (Kapitalkonto I eines Gesellschafters) und verbleiben dort. Zusätzlich wird ein variables Kapitalkonto (Kapitalkonto II eines Gesellschafters) eingerichtet für Gewinne und Verluste, Einlagen und Entnahmen. Die Ermittlung des Gewinnanspruch errechnet sich nach dem festen Kapitalanteil auf dem Kapitalkonto (siehe Gewinnverteilung,
Rz.21). Das feste Kapitalkonto ist das vereinbarte Einlagenkonto. Eine Änderung des festen Kapitalkontos bedarf der Änderung des Gesellschaftsvertrags. Das variable Kapitalkonto kann durch Verluste und Entnahmen negativ werden. Ein negatives Konto muss ein Gesellschafter nicht ausgleichen (vgl.
§ 707 BGB@,
§ 105 Abs. 3 HGB@). Wird die Gesellschaft aufgelöst, besteht eine Nachschusspflicht.
Der vereinbarte Kapitalanteil eines Gesellschafters kann Null sein, denn eine Personengesellschaft besteht auch dann, wenn ein Gesellschafter von der Gewinnverteilung, dem Entnahmerecht oder der Verteilung des Gesellschaftsvermögens bei Liquidation ausgeschlossen ist (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 20.09.2012 - 20 W 264/12). Die Entscheidung erging zwar zur GbR, da die GbR die Grundform der GbR ist, gilt die Argumentation auch für die OHG (siehe
GbR).
Bei einem Kapitalanteil von null kann ein Gesellschafter trotzdem einen Anspruch auf Gewinn haben, wenn die Gewinnverteilung nach Köpfen bestimmt ist (siehe Gewinnverteilung,
Rz.21).
f) Vom Kapitalanteil ist der Gesellschaftsanteil zu unterscheiden.
Der Kapitalanteil enthält kein Recht, sondern lediglich eine Zahl (z.B. aktuelle Einlage als Geldbetrag = Eigenkapital des Gesellschafters).
Der Gesellschaftsanteil (Anteil an der Gesellschaft) umfasst alle Rechte und Pflichten eines Gesellschafters. Er verkörpert die Mitgliedschaftsrechte eines Gesellschafters und umfasst die Vermögensrechte und Verwaltungsrechte, wie Geschäftsführung und Vertretung (siehe Gesellschaftsanteil,
Rz.33).
Vermögensrechte können sich nach Kapitalanteil oder nach Köpfen bestimmen, insbesondere der Anspruch nach
§ 121 Abs. 3 HGB@. Bestimmen sich die Vermögensrechte nach Köpfen, dann hat ein Gesellschafter einen Anspruch auf Gewinn auch wenn der Kapitalanteil negativ oder null ist.
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