Begriff und Bedeutung
Rz. 1
a) Der Werkvertrag ist ein im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelter
Vertragstyp (sog. gesetzlicher Vertragstyp). Er ist ein Vertrag zwischen Unternehmer und Besteller.
Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes verpflichtet. Der Besteller ist zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (
§ 631 Abs. 1 BGB@). Diese gesetzlichen Pflichten sind die Hauptpflichten des Vertrags und werden im BGB auch als vertragstypische Pflichten des Werkvertrags bezeichnet.
Der Vertrag kommt durch übereinstimmende Willenserklärungen (Angebot und Annahme) zustande (siehe Vertragsschluss,
Rz.2).
Der Vertrag ist ein
gegenseitiger Vertrag, da der Leistung eine Gegenleistung (Geldleistung) gegenübersteht. Werkleistung und Gegenleistung (Geldleistung) stehen in einem
Gegenseitigkeitsverhältnis.
Die Werkleistung des Unternehmers wird mit Vertragsschluss fällig (also sofort) sofern nichts anderes vereinbart wird (siehe Werkleistung,
Rz.9). Die Vergütung wird erst mit der Abnahme des Werks fällig (
§ 641 BGB@), d.h. das Werk muss zunächst erstellt werden. Der Besteller ist zur Abnahme des Werkes verpflichtet, wenn das Werk vertragsgemäß erstellt ist (siehe Vergütung,
Rz.19).
b) Gegenstand des Werkvertrags nach
§ 631 Abs. 2 BGB@ kann sein:
- die Herstellung einer unbeweglichen Sache
- ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg, z.B. Erstellen eines Gutachten, Beförderungsleistungen, Abfallentsorgung, Reiseleistungen, Zertifizierungen, Erstellung eines Bauplans für ein Haus (z.B. beim Architektenvertrag), Aufführung eines Konzerts, Montageleistungen (Montagevertrag), Projektplanungen (Planungsvertrag) und die Umsetzung der Planung (Projektvertrag).
Der Werkvertrag ist auf ein konkretes Ergebnis (Werk) gerichtet. Nicht die ausführende Leistung (Arbeitseinsatz, Leistungshandlung) führt zur Schuldbefreiung, sondern die Herbeiführung des geschuldeten Erfolgs. Das Bemühen zur Herstellung des versprochenen Werkes oder zur Herbeiführung des geschuldeten Erfolgs genügt nicht für die Vertragserfüllung (siehe
Unternehmerpflichten).
Beispiele: Reparaturverträge sind Werkverträge, da der Wille des Bestellers auf einen herbeizuführenden Erfolg gerichtet ist. Erst mit der Mangelbehebung hat der Unternehmer seine Vertragspflicht erfüllt. Nicht die ausführende Leistungshandlung (Arbeitseinsatz) führt zur Schuldbefreiung, sondern die Herbeiführung des geschuldeten Arbeitsergebnisses. Werkverträge sind auch Aufträge mit beigestellten Sachen, z.B. beigestelltes Auto mit fremden Materialien verbinden, wie Einbau eines Schiebedachs in ein Auto oder Anbau einer Anhängerkupplung an ein Auto. Auch der
Bauvertrag, Taxivertrag (Beförderungsvertrag),
Reinigungsvertrag,
Architektenvertrag und
Friseurvertrag sind Werkverträge, ebenso der
Fotografenvertrag (siehe Beispiele,
Rz.34).
Auch Forschungs- und Entwicklungsleistungen können Gegenstand eines Werkvertrags sein (bei einem Forschungsvertrag wird regelmäßig geforscht, beim Entwicklungsvertrag wird regelmäßig etwas konkretes entwickelt). Eine Regel, dass der Forschungsvertrag als Dienstvertrag und der Entwicklungsvertrag als Werkvertrag zu qualifizieren ist, gibt es nicht (BGH, 16. 07. 2002 – X ZR 27/01, unter II.1). Maßgebend sei der im Vertrag zum Ausdruck kommende Wille der Parteien. Dieser Wille müsse auf die Herbeiführung eines konkreten Erfolgs (Arbeitsergebnisses, Arbeitserfolges) gerichtet sein. Der Wille zur Herbeiführung eines Arbeitserfolges ergebe sich aber nicht notwendigerweise aus der Aufgabenbeschreibung (BGH aaO, unter II.2a). Die vertragliche Beschreibung eines Ziels sei allein kein hinreichendes Indiz für die Annahme eines Werkvertrags (BGH aaO, Leitsatz).
Nach dem BGH ist alleine die vertragliche Beschreibung eines Ziels noch kein hinreichendes Indiz, dass ein konkretes Arbeitsergebnis geschuldet werde. Zwar sei eine konkrete Beschreibung des zu erreichenden Erfolgs ein typisches Merkmal eines Werkvertrags. Aber auch in einem
Dienstvertrag könne ein Ziel beschrieben sein, um näher einzugrenzen, in welche Richtung die vom Auftragnehmer zu erbringende Tätigkeit gehen soll. Deshalb sei im Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände zu ermitteln, welche Bedeutung einer Aufgabenbeschreibung in einem Vertrag zukomme (BGH aaO, unter II.2a). Im zu entscheidenden Fall hatte das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen nachzuholen.
Auch der Winterdienstvertrag ist ein Werkvertrag, da der Besteller seine Grundstücksfläche von Schnee- und Eisglätte frei haben will (BGH, 06. Juni 2013 - VII ZR 355/12, Leitsatz).
Die Pflicht des Unternehmers zur Herstellung eines Werkes (Hauptleistungspflicht) ist ein prägendes
Wesensmerkmal des Werkvertrags und gibt dem Vertrag seinen Namen. Die Hauptleistungspflicht des Unternehmers dient auch als Abgrenzung zu anderen Verträgen, insbesondere als Abgrenzung zum Dienstvertrag. Beim Dienstvertrag schuldet der Dienstverpflichtete kein konkretes Ergebnis (Werk). Der Dienstvertrag enthält keine Erfolgsausrichtung, wie der Werkvertrag (siehe
Dienstvertrag).
Neben der Herbeiführung eines konkreten Ergebnisses ist der Unternehmer auch verpflichtet, dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen (siehe
Unternehmerpflichten).
c) Für die Werkleistung des Unternehmers hat der Besteller die vereinbarte Vergütung zu entrichten (
§ 631 Abs. 1 BGB@). Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist (
§ 632 BGB@). Bevor das Werk nicht fertiggestellt oder der herbeizuführende Erfolg nicht eingetreten ist, hat der Unternehmer bei einem Werkvertrag keinen durchsetzbaren Anspruch auf Vergütung nach
§ 631 Abs. 1 BGB@. Die Vergütung ist erfolgsabhängig.
Die Vergütung wird erst mit der Abnahme des Werks fällig (
§ 641 BGB@), d.h. das Werk muss zunächst erstellt werden. Der Besteller ist zur Abnahme des Werkes verpflichtet, wenn das Werk vertragsgemäß erstellt ist (
§ 640 Abs. 1 BGB@). Hinsichtlich der Herstellung des versprochenen Werkes hat der Unternehmer dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen (
§ 633 Abs. 1 BGB@). Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden. Mit der Abnahme des Werkes ist der Besteller zur Bezahlung der Vergütung verpflichtet. Der Unternehmer erhält die Vergütung erst nach vertragsgemäßer Fertigstellung. Daher tritt er mit der Erstellung des Werkes in Vorleistung, d.h. erst die Arbeit, dann der Werklohn (siehe
Bestellerpflichten).
Der Einordnung eines Vertrages als Werkvertrag steht aber nicht entgegen, wenn der Auftraggeber ein pauschales, nach Zeitabschnitten bemessenes Entgelt, zu entrichten hat oder wenn der Vertrag auf eine bestimmte Zeitdauer angelegt ist. Nach dem BGH ist in erster Linie der Wille der Parteien maßgebend. Dieser müsse auf die Herbeiführung eines konkreten Erfolgs gerichtet sein (BGH, 06. 06. 2013 – VII ZR 355/12; Tz. 10-12).
Beispiel: Verpflichtet sich ein Unternehmer im Winter, eine bestimmte Fläche von Schnee- und Eisglätte freizuhalten (sog. Winterdienstvertrag), ist Werkvertragsrecht anwendbar (BGH aaO, Leitsatz), da der Wille des Auftraggebers (Besteller) darauf gerichtet sei, die Gefahrenquelle (Schnee- und Eisglätte) zu beseitigen (BGH aaO, Tz. 11). Unerheblich sei, dass der Auftraggeber ein pauschales, nach Zeitabschnitten bemessenes Entgelt zu entrichten habe und der Vertrag auf eine gewisse Dauer angelegt sei und daher Züge eines
Dauerschuldverhältnisses aufweise. Angesichts des auf einen Erfolg bezogenen Vertragszwecks komme diesen Umständen kein entscheidendes Gewicht zu (BGH aaO, Tz. 12).
d) Möchte der Besteller (Auftraggeber) nach Vertragsschluss das Werke nicht mehr, kann er bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen (
§ 648 BGB@). Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen. Der Unternehmer muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart (
§ 648 BGB@).
e) Kein Werkvertragsrecht kommt zur Anwendung, sofern es sich um die Herstellung einer beweglichen Sache handelt. Ist der Schuldner zur Herstellung einer beweglichen Sache verpflichtet, dann gilt anderes Recht. Anderes Recht kann auch gelten, wenn es um die Herstellung digitaler Produkte geht.
Ein Vertrag, der die Lieferung herzustellenden oder zu erzeugenden beweglichen Sachen zum Gegenstand hat, ist ein Werklieferungsvertrag, auf den Kaufrecht anzuwenden ist (siehe
Werklieferungsvertrag).
Sofern es um die Herstellung eines digitalen Inhalts geht, ist
§ 650 Abs. 2 BGB@ zu beachten, der auf
§ 327 BGB@ verweist, sofern es sich bei dem Vertrag um einen Verbrauchervertrag handelt. Liegt kein Verbrauchervertrag vor, dann kommt Werkvertragsrecht nach
§ 633 BGB@ zu Anwendung (siehe
Digitale Inhalte).
Sofern die Werkleistung eine Bauleistung ist und es sich um die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks handelt, liegt ein Bauvertrag (als Sonderform des Werkvertrags) vor. Auf den Bauvertrag sind die gesetzlichen Regelungen des Werkvertrags anwendbar, sofern die Sondervorschriften zum Bauvertrag nichts anderes regeln. Für den Bauvertrag gelten die Sondervorschriften zum Bauvertrag ergänzend (siehe
Bauvertrag).
Sofern es sich um den Kauf einer Sache mit Montageverpflichtung geht, kann auch ein Kaufvertrag vorliegen (sog. Kauf mit Montage).
Für den Werkvertrag sind auch nachstehende Themen von Bedeutung (s.u. Inhaltsübersicht).
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