Belegfunktion
Rz. 6
a) Das wesentliche Merkmal eines Zitats besteht darin, dass ein fremdes Werk genutzt wird, um eigene Aussagen zu erläutern, eine Meinung zu verteidigen oder eine geistige Auseinandersetzung zwischen dem Werk und den eigenen Aussagen zu ermöglichen (vgl. BGH, 30.04.2020 - I ZR 228/15, unter Rn. 82).
Zitate dienen als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen des Zitierenden (BGH, 30.11.2011 - I ZR 212/10, unter II.1). Ein Zitat kann Diskussionsgrundlage oder ein Hilfsmittel zur Bekräftigung und Erläuterung des eigenen Gedankenganges sein.
Ein fremdes Werk hat Belegfunktion, ist Belegstelle, wenn das fremde Werk
- zur Verdeutlichung übereinstimmender Meinungen oder
- zum besseren Verständnis der eigenen Ausführungen oder
- zur Begründung oder Vertiefung des Dargelegten
dient (vgl. BVerfG, 29. Juni 2000 - 1 BvR 825/98, Rn. 26).
Erforderlich ist ein konkreter sachlicher Bezug (Verbindung) zum fremden Werk (siehe Zitatzweck,
Rz.4).
Eine fremde grafische Darstellung oder ein fremdes Foto darf zum besseren Verständnis der eigenen Ausführungen (als Hilfsmittel der eigenen Ausführungen, als Unterstützung der eigenen Aussagen) oder zur Begründung oder Vertiefung der eigenen Aussage verwendet werden.
b) Der Nutzer eines geschützten Werks, der sich auf das Zitatrecht berufen möchte, muss zwingend eine direkte und enge Verknüpfung zwischen dem zitierten Werk und seinen eigenen Überlegungen herstellen (vgl. BGH, 30.04.2020 - I ZR 228/15, unter Rn. 82-83)
Nicht erforderlich ist, dass der Zitierende sich ausführlich mit dem zitierten Werk auseinandersetzt (BGH aaO). Erforderlich ist nach dem BGH lediglich die Herstellung einer Verbindung zwischen übernommenen Werk und den eigenen Gedanken (BGH, 17. Dezember 2015 - I ZR 69/14, Tz. 31, Exklusivinterview als Zitat). Diese Verbindung kann vorliegen, wenn ein fremdes Werk der eigenen Argumentation hilft (als Beleg der eigenen Argumentation dient), wenn das fremde Werk aus einer Behauptung eine bewiesene Tatsache machen kann.
Im zu entscheidenden Fall hat der BGH als Zitat ausreichen lassen, dass ein fremdes Werk (Interview) als Beleg für eine eigene Behauptung (selbständige Ausführung) verwendet worden ist, ohne dass die Zitierende sich näher mit dem Interview auseinandersetzte.
c) Die Nutzung eines fremden Werkes, ohne Verbindung zu eigenen Gedanken, ist über das Zitatrecht nicht gedeckt.
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