Zitatzweck
Rz. 4
a) Die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe einzelner bereits erschienener Werke sind zum Zweck des Zitats auch ohne Zustimmung des Urhebers zulässig (
§ 51 UrhG@).
Zitat bedeutet Entlehnung einer fremden Leistung, um die eigene Argumentation zu untermauern. Fremde geschützte Leistungen dürfen zitiert werden, wenn sie veröffentlich sind und als Belegstelle oder zur Erläuterung eigener Gedanken dienen (sog. Zitatzweck).
b) Für den Zitatzweck ist es erforderlich, dass eine Verbindung zwischen
- den verwendeten fremden Werken oder Werkteilen und
- den eigenen Gedanken des Zitierenden
hergestellt wird. Die Entlehnung einer fremden geistigen Leistung erfordert einen inneren Zusammenhang mit den eigenen Gedanken (BGH, 30.04.2020 - I ZR 228/15).
Zitate dienen als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen des Zitierenden (BGH, 30. 11. 2011 – I ZR 212/10,; unter II.1, Blühende Landschaften). Ein Zitat kann Diskussionsgrundlage oder ein Hilfsmittel zur Bekräftigung und Erläuterung des eigenen Gedankenganges sein (siehe Belegfunktion,
Rz.6).
Nach dem BGH genügt es für den Zitatzweck nicht, wenn die Verwendung des fremden Werkes nur zum Ziel hat, dieses dem Endnutzer leichter zugänglich zu machen oder sich selbst eigene Ausführungen zu ersparen (BGH aaO, unter II.1.). Unzulässig ist unter dem Deckmantel des Zitates, sich kostenlos fremde Leistungen zunutze zu machen. Das Zitat darf nicht Ersatz eigener Ausführungen sein. Es soll eigene Ausführungen belegen (siehe Eigenleistung,
Rz.9).
c) Das Zitat darf zu keinem anderen Zweck, als dem Zitatzweck verwendet werden. Ist der Zitatzweck überschritten, ist das ganze Zitat unzulässig (BGH aaO, unter V.3.).
Es ist nicht gestattet, ein fremdes Werk oder ein urheberrechtlich geschütztes Leistungsergebnis nur um seiner selbst willen oder nur zur Illustration zu verwenden (siehe Illustrationen,
Rz.16). Ebenso wenig reicht es aus, dass ein solches Werk oder ein solches Leistungsergebnis in einer bloß äußerlichen, zusammenhanglosen Weise eingefügt und angehängt wird (BGH, 17. Dezember 2015 - I ZR 69/14, Tz. 25; Exklusivinterview), z.B. ein Zitat liegt nicht vor (Zitatzweck fehlt), wenn ein fremdes Werk im Zusammenhang mit einer fehlenden oder inhaltslosen Aussage des Zitierenden verwendet wird, insbesondere wenn ein fremdes Werk in ein anderes selbständiges Werk (Sammlung von Zitaten), als zusätzliches Zitat, übernommen (BGH, September 1972 – I ZR 6/71, Handbuch mit Zitate) oder wenn eine Filmsequenz im Rahmen einer Fernsehshow (TV-Total) ohne inneren Zusammenhang zwischen dem inhaltlichen Beitrag des Moderators und der übernommenen Sequenz verwendet wird (BGH 20.12.2007 – I ZR 42/05, TV-Total). Auch Zitate auf gewerblichen Webseiten und auf Briefbögen sind unzulässig, wenn sie lediglich zur Illustration dienen (siehe Illustrationen,
Rz.16).
Nach dem BGH erfordert die Verfolgung des Zitatzwecks, dass der Zitierende eine Verbindung zwischen der urheberrechtlich geschützten Leistung und den eigenen Gedanken herstellt und die fremde Leistung als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen des Zitierenden erscheint. Dafür ist aber nicht erforderlich, dass sich der Zitierende in erheblichem Umfang mit dem übernommenen Werk selbst auseinandersetzt. Dies ist nicht notwendig. Erforderlich sei lediglich die Herstellung einer Verbindung zwischen übernommenen Werk und den eigenen Gedanken (BGH, 17. Dezember 2015 - I ZR 69/14, Tz. 31). Im zu entscheidenden Fall hat der BGH als Zitat ausreichen lassen, dass ein geschütztes Werk (Interview) als Beleg für eine eigene Behauptung (selbständige Ausführung des Zitierenden) verwendet worden ist.
d) Die Bewerbung von Produkten stellt keinen Zitatzweck dar. Bei einer Werbeaussage fehlt einen besonderen, die Nutzung rechtfertigenden Zweck im Sinne des
§ 51 UrhG@ (so OLG München, 27. Nov. 2014 - 29 U 1004/14). Eine nähere Begründung dazu gibt das OLG nicht.
In diesen Fällen dient das fremde benutze Werk weder als Belegstelle noch als Erörterungsgrundlage für eine eigene Ausführung (vgl. BGH, 07. 04. 2011 – I ZR 56/09, unter C.1a; ICE). Es fehlt eine innere Verbindung zwischen dem benutzten Werk und den eigenen Gedanken des Zitierenden.
e) Ist eine fremde übernommene Leistung urheberrechtlich nicht geschützt, bedarf es keines Zitatzwecks und keiner Berufung auf das Zitatrecht. In diesem Fall ist eine Erlaubnis des Schaffenden urheberrechtlich nicht notwendig.
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